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03. Oktober 2024

Verlust der Schankerlaubnis in der Gastro

Nicht nur eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung oder Steuerrückstände, auch bloße Verstöße gegen Zahlungs- und Erklärungspflichten können eine Unzuverlässigkeit nach dem GastG begründen und die Schankerlaubnis gefährden.

In dem der Entscheidung des VG Bayreuth vom 28.6.2023 (B 10 K 21.1088) zugrunde liegenden Fall reichten Verurteilungen wegen Trunkenheit im Verkehr, unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln und vorsätzlicher Körperverletzung sowie Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen Hygienevorschriften für die Versagung der Gaststättenerlaubnis nicht aus. Allerdings führten steuerrechtliche Gründe hier zur Unzuverlässigkeit des Gastronomen, da er fällige Steuern nicht rechtzeitig entrichtete, Steuererklärungen nicht rechtzeitig abgab und es auf Schätzungen durch das Finanzamt ankommen ließ sowie gegen seine Arbeitgeberpflichten verstieß und bei der Lohnpfändung seines Angestellten nicht mitwirkte.

Die Schankerlaubnis nach dem GastG ist ebenso wie die Gewerbeerlaubnis nach der GewO an die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden geknüpft. Maßgebend ist die Prognose, dass der Gewerbetreibende nach dem Gesamtbild seines Verhaltens in Zukunft seine beruflichen Pflichten erfüllen und den Betrieb ordnungsgemäß führen wird.

Nach der Entscheidung des VG Bayreuth vom 28.6.2023 liegt eine Unzuverlässigkeit schon bei Steuerschulden von 4.500 Euro bis 6.000 Euro vor, wobei Vollstreckungsversuche von Gemeinde oder Finanzamt nicht erforderlich sind.

Um Verwaltungsverfahren über den Entzug der Schankerlaubnis vorzubeugen, sollten daher auch bloße steuerliche Zahlungs- und Erklärungspflichten unbedingt eingehalten werden. Sollte es zu einem Untersagungsverfahren kommen, kann die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzeptes helfen. Bloße Einmalzahlungen oder unwesentliche monatliche Ratenzahlungen retten die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit dann meist nicht mehr.

Auch die rechtskräftige Verurteilung eines Gastronomen wegen Steuerhinterziehung – auch im Wege eines Strafbefehls – kann zur Gewerbeuntersagung führen.

Der VGH München hat in seiner Entscheidung vom 19.9.2023 (22 ZB 22.2089) bestätigt, dass Gerichte und Behörden ihrer Entscheidung die Feststellungen des Strafrichters ohne eigene Ermittlungen zugrunde legen dürfen. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des Strafrichters sprechen.

Die Entscheidung ist deshalb besonders relevant, da im Verwaltungsverfahren zur Frage der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit grundsätzlich eine Prognoseentscheidung vorgenommen werden muss und auch außerhalb des Strafverfahrens liegende Gründe in diese Entscheidung einfließen, die auf das zukünftige Verhalten des Gewerbetreibenden gerichtet ist.

In dem der Entscheidung des VGH München zugrunde liegenden Fall bejahte das Gericht eine gewerbebezogene Straftat von erheblichem Gewicht (Schadenshöhe und Dauer der Begehung von fünf Jahren) und hob das Urteil des VG über die Gewerbeuntersagung wegen Steuerhinterziehung nicht auf, weil nicht dargelegt worden sei, warum die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen unrichtig seien.

In dem Fall wurde ein seit mehr als 25 Jahren in München tätiger Gastronom wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen bei einem Schaden von rund 120.000 Euro zu einer Gesamtgeldstrafe von 450 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Dem lag eine fehlerhafte Kassenführung zugrunde, da im Tatzeitraum ohne digitales Kassensystem gearbeitet wurde. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung erfolgte im Wege eines Strafbefehls.

Der VGH bestätigte den Verlust der Gewerbeerlaubnis. Die bloße Entrichtung von Steuern und Geldstrafe nach Verurteilung sei nicht ausreichend, um die gewerberechtliche Zuverlässigkeit zu bejahen. Erforderlich sei der Nachweis eines tiefgreifendes Einstellungs- und Verhaltenswandels.

Auch länger zurückliegende Straftaten könnten einem Gewerbetreibenden im Rahmen eines Untersagungsverfahrens nach § 35 GewO noch entgegengehalten werden, wenn diese für die Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände der Delikte und der Persönlichkeitsentwicklung des Betroffenen maßgebend sei – und zwar über die Tilgungsfristen des Bundeszentralregisters hinaus.

Die Entscheidung zeigt, dass auch der Abschluss von Steuerstrafverfahren ohne Hauptverhandlung im Wege eines Strafbefehls gravierende Nebenfolgen haben kann.

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