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30. Mai 2023

Richtsatzsammlung auf dem Prüfstand

Der BFH hat das BMF mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 (X R 19/21) zum Beitritt im Revisionsverfahren aufgefordert. Das BMF soll erläutern, auf welchen Grundlagen die amtlichen Richtsätze beruhen und wie sie zustande gekommen sind.

Denn in Schätzungsfällen nach § 162 AO ist das Finanzamt in der Wahl einer Schätzungsmethode zwar frei. Die Schätzungsmethode muss nach der Rechtsprechung des BFH jedoch geeignet sein, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes des § 5 AO muss das Finanzamt bei der Wahl mehrere in Betracht kommender Schätzungsmethoden deshalb die Methode wählen, die der Wirklichkeit möglichst nahekommt. In der Vergangenheit hat der BFH eine Schätzung durch einen äußeren Betriebsvergleichs anhand der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF grundsätzlich anerkannt.

Allerdings hat der BFH nun im Beschluss vom 14. Dezember 2022 ausgeführt, sich bislang noch nicht mit den Grundlagen und Parametern der Richtsätze auseinandergesetzt zu haben. Aufgrund der erheblichen Bedeutung der Schätzung für steuerliche und steuerstrafrechtliche Zwecke hat der BFH das BMF an dem Verfahren beteiligt. Dadurch soll insbesondere geklärt werden,

  • welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden;
  • ob die regional zum Teil erheblich unterschiedliche Höhe fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegensteht;
  • weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sog. Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen;
  • ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.

Außerdem beabsichtigt der BFH die Klärung der Frage, wie dem Steuerpflichtigen die Überprüfung der Daten, die der Schätzung zugrunde liegen, ermöglicht werden kann.